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08 Jul Missverständnisse und Stereotypen
Dieser Beitrag ist das Resultat der täglichen Konfrontation mit Missverständnissen und Stereotypen über Veganismus. Ich habe den Eindruck, dass viele Leute Aussagen leichtfertig machen, ohne ein tiefgreifendes Verständnis zu haben. Die nachfolgenden sechs Aussagen haben alle einen wahren Kern, sind aber teilweise missverstanden. Deshalb möchte ich einige persönliche Gedanken dazu teilen und hoffe, dass solche Aussagen stärker reflektiert werden.
1. Veganismus ist eine Luxuserscheinung.
In der Schweiz habe ich den Luxus, auswählen zu können, was ich esse und kaufe. Grundsätzlich arbeiten wir viel und verdienen überdurchschnittlich. Wir wissen durch den Stand der heutigen Forschung, welche Folgen unser Lebensstil hat. Wenn ich das ignoriere, dann ist das auch Luxus. Auf etwas zu verzichten ist jedoch das Gegenteil von Luxus. Täglich Fleisch zu essen ist ein Luxus, den man sich in Schwyz vor 50 Jahren nicht hätte vorstellen können. Im Gegensatz dazu gab es andere Bevölkerungsgruppen auf der Welt, die sich aufgrund fehlender Alternativen ausschließlich pflanzlich ernähren mussten.
2. Die Kühe auf der Weide sind Tradition in der Schweiz.
Obwohl die Tradition besagt, dass Kühe auf die Weide gehören, mähen Landwirte in meiner Nachbarschaft das Gras und füttern die Tiere im Stall. So wie ich das verstehe, gibt es einen Unterschied zwischen alpinem Gelände für Wiederkäuer und Flächen, die sich für Ackerbau eignen. Ausserdem ist das Gras im Flachland als einziges Futtermittel oft nicht ausreichend. Ich bin der Meinung, anstelle der grossen Menge Heu im Flachland wären Getreide, Gemüse, Nüsse, Ölsaaten und Hülsenfrüchte die bessere Option. Pflanzen kann der Mensch direkt essen oder, falls nötig, an die riesige Anzahl Hühner und Schweine, die ebenfalls im Stall sind, verfüttern. Darüber hinaus macht es Sinn, Traditionen zu hinterfragen.
3. Ich bevorzuge die lokale Landwirtschaft.
Dazu kommen mir typisch schweizerische Produkte wie Wurst, Käse, Eier und Honig in den Sinn. Weniger dazu passen jedoch Kaffee, Schokolade, Bananen und Pfeffer. Obwohl sie nicht hier wachsen, werden sie täglich konsumiert. Es ist für mich offensichtlich, dass im Vergleich lokale Lebensmittel wie Baumnüsse, Aronia und Portulak viel weniger beliebt sind. Auch Produkte, die immer mehr zur lokalen Landwirtschaft gehören, wie zum Beispiel Soja, Kichererbsen oder Quinoa, werden meiner Ansicht nach noch wenig gegessen. Es ist Realität, dass wir sowohl globale als auch lokale Lebensmittel konsumieren. Beim Kauf eines Produkts sollten viele Faktoren berücksichtigt werden, nicht nur die Herkunft, besonders wenn man auf Nachhaltigkeit achten möchte.
4. Das Angebot bestimmt die Nachfrage. Oder umgekehrt.
Viele Landwirte haben das gleiche Angebot wie früher. Es besteht hauptsächlich aus tierischen Lebensmitteln. Nach meinem Verständnis bestimmen aber die Konsumenten die Nachfrage, was längerfristig angeboten wird. Die Konsumenten können frei wählen, ob immer das Gleiche oder etwas anderes gekauft wird. Landwirte machen ihren Job, wenn sie die grosse Nachfrage an tierischen Produkten stillen. Mit jedem Einkauf beeinflussen wir die Wirtschaft der Zukunft und der Wandel wird von uns mitgestaltet. Wie häufig probierst du neue Produkte aus?
5. Soziale Menschen schützen die Natur.
Ich glaube, für uns Menschen sollte eine intakte Pflanzen- und Tierwelt (Biodiversität) wichtig sein, da sie unsere Lebensgrundlage bildet. Es scheint, dass sich die vielen komplexen Prozesse in der Natur laufend anpassen, weil der Mensch einen grossen Einfluss darauf hat. Ich bezweifle, dass die veränderte Natur weiterhin als Lebensgrundlage für den Menschen dienen kann, besonders wenn viele Arten aussterben. Somit meine ich, dass Naturschutz und nachhaltiger Konsum keine selbstlosen Gesten sind. Wir können uns Menschen schützen indem wir die Biodiversität erhalten. Die Erde würde auch ohne Menschen bestehen.
6. Ich bin tierlieb.
Nicht nur die Haustiere, auch die Nutztiere im Stall, auch die Forelle in der Muota, der Zilpzalp und der Wolf im Wald, die Fledermaus im Kirchturm, der Maikäfer im Garten, der Elefant in Tansania, der Affe im Amazonas, usw., sind mir lieb. Ganz egal, ob ich das Tier wahrnehme oder nicht. Bei einigen beeinflusse ich ihr Wohlergehen und bei anderen nicht. Wo genau ziehst du die Grenze, ob du ein Tier töten, essen, streicheln, schützen oder ignorieren möchtest?
8. Juli 2024, Dominik Zgraggen, Präsident Vegan-Schwyz